Bildung und Schule – Elternstudie 2019

Einstellungen von Eltern in Deutschland zur Schulpolitik

Unsere Schulen stehen heute vor Herausforderungen wie nie zuvor. Gesellschaftliche, soziale, demografische und technologische Entwicklungen verändern mit zunehmender Geschwindigkeit das Leben der Kinder und Jugendlichen. Um mit diesen Herausforderungen angemessen umzugehen, müssen wir ihnen mit pädagogischen Antworten begegnen.

Essenziell ist dabei die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Pädagog:innen und Eltern. Darum haben wir unser 100-jähriges Jubiläum zum Anlass genommen, deutschlandweit über 2.000 Eltern schulpflichtiger Kinder vom Meinungsforschungsinstitut Mentefactum nach ihren Bedürfnissen, Fragen, Wünschen und Urteilen zum Thema Bildung und Schule befragen lassen.

Die Ergebnisse dieser repräsentativen Elternstudie liegen nun vor und machen deutlich: Viele Erwartungen der Eltern an die Schule und Schulbildung ihrer Kinder werden im gegenwärtigen System nicht erfüllt! Hier müssen wir ansetzen und nehmen die Ergebnisse der Studie zum Anlass, eine breite Diskussion um die aktuellen Herausforderungen des Schulsystems anzuregen. Damit Schule in Deutschland gerechter wird und diejenigen in den Mittelpunkt stellt, um deren Zukunft es geht: unsere Kinder!

Ergebnisse

Eltern wünschen sich Schulvielfalt und eine freie Schulwahl ohne Zusatzkosten

Gäbe es eine echte Wahlfreiheit zwischen staatlichen, konfessionellen und freien Schulen, würde mehr als die Hälfte der Eltern ihr Kind auf eine freie Schule schicken. Zudem sprechen sie sich klar gegen das notengebundene Leistungsprinzip an deutschen Schulen aus und wünschen sich vielmehr einen kreativen, individuell auf die Kinder und ihre Fähigkeiten eingehenden Unterricht. Klare Stellung beziehen Eltern auch bei der Frage nach der Schulfinanzierung: Während fast alle der Meinung sind, dass der Staat insgesamt zu wenig Geld für Bildung ausgibt, fordern mehr als 80 Prozent dass Eltern und Kinder das Recht haben sollten, sich ohne Zusatzkosten für die Schule ihrer Wahl entscheiden zu können.  Entsprechend ist eine deutliche Mehrheit der Eltern der Meinung, dass der Staat hinsichtlich der Finanzierung staatlicher und freier Schulen keinen Unterschied machen sollte.

So sehen Eltern das aktuelle Schulsystem: Die wichtigsten Ergebnisse der Elternstudie 2019

Wegmarken für ein gerechtes und zukunftsfähiges Schulwesen:

7 Kernforderungen an die Bildungspolitik

Auch am 100. Geburtstag der Waldorfpädagogik ist unser Blick in die Zukunft gerichtet. Wir setzen uns mit aller Kraft für ein zukunftsfähiges Schulwesen ein, das die Individualität der Schülerinnen und Schüler, die Professionalität der Lehrkräfte und die Mündigkeit der Eltern gleichermaßen ernst nimmt. Um dieses Ziel zu erreichen und die erforderlichen Debatten anzuregen, haben wir unsere Vision in „7 Kernforderungen an die Bildungspolitik“ zusammengefasst. Die Ergebnisse der Elternstudie 2019 zeigen eindrucksvoll, dass viele unserer Forderungen den Wünschen und Forderungen der deutschen Schuleltern an das System Schule mehrheitlich entsprechen.

Stimmen zur Studie

Die Waldorf-Pädagogik steckt im 100. Jahr ihres Bestehens in einem Dilemma: Da ist einerseits die ständig wachsende, heute bereits hohe Zustimmung der Eltern zu ihren Zielen nach individueller Förderung gemäß der Kernkompetenzen ihrer Schüler. Andererseits ist da die von den Eltern empfundene drastische Unterfinanzierung der schulischen Bildungsarbeit. Im Rohstoffarmen Deutschland, in dem ‚Brain‘ zwangsläufig über unsere Zukunft entscheidet, sind nicht nur Eltern und Pädagogen, da ist vor allem auch der Staat mit seiner ganzen Kraft gefordert!

Klaus-Peter Schöppner
Meinungsforschungsinstitut Mentefactum

Der große Vertrauensvorschuss, den Schulen in freier Trägerschaft offensichtlich bei deutschen Eltern genießen ist gleichzeitig ein eindeutiges Misstrauensvotum gegenüber dem staatlichen Schulangebot und ein deutliches Plädoyer für die Ermöglichung von Schulvielfalt.

Prof. Dr. Heiner Barz
Abteilung Bildungsforschung und Bildungsmanagement, Universität Düsseldorf

Wir werden weiter mit Nachdruck für ein gerechtes Schulsystem eintreten, das die Kinder in den Mittelpunkt stellt und das Kindern aus allen Einkommensverhältnissen den Zugang zur Schule ihrer oder der Wahl ihrer Eltern ermöglicht. Voraussetzung dafür ist, dass der Staat keinen Unterschied in der Finanzierung der staatlichen und freien Schulen macht. Unsere Studie zeigt, dass Eltern genau dies erwarten. Denn echte Chancengleichheit kann nur durch Vielfalt im Schulwesen, unabhängig von den Schulträgern und den finanziellen Möglichkeiten der Eltern erreicht werden.

Henning Kullak-Ublick
Bund der Freien Waldorfschulen

In der Welt von morgen geht es um mehr als den Erwerb von theoretischem Wissen. Unsere Kinder brauchen Offenheit, Kreativität, Eigeninitiative, Selbsttätigkeit und die Fähigkeit, sich in einer immer komplexeren Welt zu orientieren. Schülerinnen und Schüler werden in der Welt von morgen nur dann bestehen, wenn sie neben kognitiven Kompetenzen auch emotionale Intelligenz, musisch-künstlerische Fähigkeiten, sowie eine demokratische Werteorientierung erwerben.

Simone Fleischmann
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV)

Die Studienergebnisse zeigen, dass sich Eltern mit und ohne Einwanderungsgeschichte kaum in Bezug auf pädagogische Präferenzen sowie auf ihre Forderungen an den Staat unterscheiden. Dies ist vor allen ein Indiz dafür, was Eltern über alle sozialen, gesellschaftlichen und geographischen Grenzen hinaus verbindet.

Marianne Ballé Moudoumbou
Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt)

Pressekonferenz 18.09.2019

Wer wurde befragt? – Der Studiensteckbrief

Für die repräsentative Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Mentefactum in Kooperation mit Aris Umfrageforschung im Januar und Februar 2019 im Auftrag des Bundes der Freien Waldorfschulen telefonisch 2.064 Eltern mit mindestens einem schulpflichtigen Kind bis zu 18 Jahren.